Das erste funktionierende, lenkbare Luftschiff wurde 1897 in Deutschland gebaut und war vollkommen aus Aluminium. Heute ist es fast vergessen. Genauso wie sein Erfinder: David Schwarz. In dieser Folge spreche ich über ihn, seine Frau Melanie Schwarz, den Aluminiumfabrikanten Carl Berg und natürlich auch ein bisschen über seinen berühmten Konkurrenten Graf Ferdinand von Zeppelin. Macht es euch gemütlich, es gibt eine Tasse Geschichtee.

Einstieg
Wir schreiben den 3. November 1897. Ein Luftschiff mit glänzender Hülle erhebt sich vom Tempelhofer Feld in Berlin. Das vollkommen aus Aluminium gefertigte Luftschiff wird von einem angeworbenen Piloten gesteuert. Der Erfinder des Schiffs, David Schwarz, ist zu diesem Zeitpunkt bereits tot. Seine Witwe Melanie war es, die dafür gesorgt hat, dass diese Auffahrt stattfinden konnte. Sie schaut begeistert zu, genauso wie ein gespannter Graf Zeppelin. Der arbeitet eigentlich zur gleichen Zeit an seiner eigenen Luftschiff-Idee. Aber bis sein Luftschiff LZ 1 starten wird vergehen noch fast drei Jahre. Warum erinnern wir uns heute noch an den einen Luftschiff-Erfinder, aber nicht an den anderen? Und wer war dieser David Schwarz überhaupt?
Aber werfen wir zuerst einen Blick darauf, was Luftfahrt zu diesem Zeitpunkt – also kurz vor der Wende zum 20. Jahrhundert – überhaupt bedeutete:
Den Traum vom Fliegen hatten die Menschen schon seit Jahrhunderten und die Faszination davon hatte auch nicht nachgelassen, seit knapp 100 Jahre zuvor zum ersten Mal ein Mensch mit einem Ballon in die Luft gestiegen war. Seit dem hatte es einiges an Entwicklungen gegeben, aber erst am Ende des 19. Jahrhunderts schien die Bewegung wirklich an Fahrt aufzunehmen. Pioniere wie der Gleitflieger Otto Lilienthal wurden wie Helden verehrt. Ob Fluggeräte oder Luftschiffe – es waren technische Wunderleistungen, die für Begeisterung sorgten. Aber sie hatten den Nachteil, dass sie zwar noch im Experimentierstadium waren, aber bereits viel Geld verschlangen. Und spätestens mit einem Absturz war alles dahin.
Deswegen wurde für die Entwicklung solcher Projekte viel finanzielle Unterstützung benötigt. Entweder in dem Eintrittskarten für Testflüge verkauft wurden – oder indem ein Staat den Erfindern unter die Arme griff. Aber warum machten verschiedene Staaten das? Nun, gerade in Europa waren Durchbrüche in der Luftfahrt durchaus Prestigeerfolge für die jeweiligen Nationen.
Außerdem erkannten verschiedenen Staaten die militärische Nutzung. Ballone wurden beispielsweise bereits dazu genutzt, den Gegner im Feld zu beobachten. Aber sie hatten einen großen Nachteil: Man konnte sie nicht lenken und sicher zurück ins heimische Lager bringen. Zwar gab es bereits Versuche für lenkbare Luftschiffe, zum Beispiel das 1884 gebaute französische Militärluftschiff La France, aber die waren noch lange nicht ausreichend für den tatsächlichen Einsatz. Die Lenkbarmachung von Luftschiffen war am Ende des 19. Jahrhunderts ein wichtiges Thema.
Und damit komme ich zum eigentlichen Thema dieser Folge: Dem Erfinder des ersten erfolgreich lenkbaren Luftschiffs: David Schwarz.
David Schwarz wurde als Sohn jüdischer Eltern am 7. Dezember 1850 in Keszthely, einer Kleinstadt im ungarischen Teils Österreich-Ungarns, geboren. Dort wuchs er in Armut auf. Nachdem er die Gemeindeschule mit zehn Jahren abgeschlossen hatte begann er eine Lehre als Holzhändler. Als solcher machte er sich dann irgendwann nach der Ausbildung selbstständig. Dabei lernte er Melanie Kaufmann, die Tochter eines etablierten, reichen Holzhändlers kennen und heiratete sie schließlich im Jahr 1880. Durch erfolgreiche Arbeit und die Heirat gelang ihm der Aufstieg aus der Armut. Im Zuge dessen zog die immer größer werdende Familie nach Agram, dem heutigen Zagreb, was damals auch zu Österreich-Ungarn gehörte.

Auch wenn sich in seiner Lebenssituation viel verändert hatte: Eigentlich fehlte es ihm an allem, was ihn zu einem Pionier der Luftfahrt hätte werden lassen können. Er war ein Holzhändler, kein Adliger; ein soziales Netzwerk in finanzstarke Kreisen, zum Beispiel über das Militär, hatte er nie geknüpft – und seine formale Bildung beschränkte sich auf vier Schuljahre.
Eines Tages, so berichtet es zumindest eine spätere Quelle, musste er einen Winter in einer Blockhütte in einem neu erworbenen Forst verbringen. Seine Tage dort waren gut gefüllt: Er überwachte die Holzfällarbeiten und unternahm Handelsgeschäfte. Aber seine Abende waren lang und langweilig. Deswegen bat er seine Ehefrau Melanie ihm doch ein paar Bücher zum Lesen zu schicken. Aber an der schönen Literatur, die ihm seine Frau schickte fand er keine Freude. Im Scherz schickte sie ihm deshalb eine Abhandlung von Aristoteles und ein Lehrbuch der Mechanik. Von nun an brannte David Schwarz für das Thema Mechanik und er kam auf einen Einfall, wie man das drängende Problem eines guten, lenkbaren Luftschiffs lösen könnte.
Ob diese Episode sich nun genau so zugetragen hat oder nicht: Konnte die Lektüre von öffentlich zugänglichen Handbüchern ein Ingenieursstudium ersetzen?
Das russische Projekt

David Schwarz hatte zumindest eine Idee. Und um zu schauen, ob er trotz all der Hindernisse, die ihm seine Biographie in den Weg zu stellen schien, die Chance haben würde, diese Idee in die Wirklichkeit umzusetzen, ging er im April 1892 nach Wien. Wien war die Hauptstadt von Österreich-Ungarn und Österreich-Ungarn war immer noch sein Heimatland, vielleicht war das österreichische Militär ja interessiert.
Nun. Das österreichische Kriegsministerium war nicht interessiert. Aber David Schwarz war ja extra nach Wien gegangen, um seine Luftschiffidee einem Staat anzubieten. Deswegen ging er zur russischen Botschaft in Wien und präsentierte dort dem russischen Militärattaché, also dem Militärspezialisten der Botschaft, seine Idee.
Zunächst wollte Schwarz wohl nur seine Idee verkaufen. Seine Idee, oder wie es in den Quellen heißt, seine „Erfindung“ um Luftschiffe lenkbar zu machen. Aber über den Sommer 1892 entwickelte sich daraus der Plan, dass David Schwarz nach Russland gehen und dort ein Luftschiff aus Aluminium bauen würde.
Aluminium eignete sich als Material für ein Luftschiff schon deshalb, weil es sehr leicht, aber stabil war. Allerdings: Aluminium kam in der Natur nicht vor und musste chemisch hergestellt werden. Und das war lange Zeit sehr teuer gewesen. Aber in den 1880er-Jahren wurden neue, chemische Verfahren entwickelt, die die Herstellung stark vereinfachten. Vorher war der Preis von Aluminium weit über dem von Gold, jetzt war es plötzlich nur noch ein Bruchteil.
Die russische Regierung war bereit diesen Preis zu bezahlen. Jetzt brauchte David Schwarz nur noch jemandem, der das Aluminium herstellte und die Bauteile baute. Dazu schloss er im August 1892 einen Vertrag mit dem Lüdenscheider Aluminiumfabrikanten Carl Berg. Die Abmachung: Schwarz saß in St. Petersburg und baute das Luftschiff zusammen mit Ingenieuren aus Bergs Firma. Die Bauteile wurden dabei in Lüdenscheid hergestellt.

Das spannende: Die Bauteile wurden in der Folge immer zuerst nach Wien geschickt, dort umgeladen und dann weiter nach St. Petersburg geschickt. Das ganze Projekt sollte geheim bleiben. Die deutschen Behörden durften nichts davon mitbekommen, schließlich waren die diplomatischen Beziehungen zwischen dem deutschen und dem Zarenreich überaus angespannt.
Als David Schwarz Mitte Dezember 1892 am Wolkowo-Feld in St. Petersburg ankam und mit der Bauleitung begann, waren die ersten Aluminiumteile tatsächlich schon angekommen. Die russischen Behörden freuten sich. In nur drei Monaten sollten sie ihr Luftschiff haben!
Zumindest hatte Schwarz das mit ihnen so abgemacht. Als eine russische Militärkommission im März 1893 jedoch zu einer Besichtigung ankam konnte er ihnen nicht viel präsentieren. Während des kalten Winters war kaum etwas gebaut worden. Aber er konnte die Behörden davon überzeugen ihm für die Fertigstellung noch einmal fast doppelt so viel Geld zu geben, wie er bisher erhalten hatte.
Im August 1893 waren alle Teile fertig und David Schwarz ließ die Arbeiter mit dem Zusammenbau des Luftschiffs beginnen. Als es wieder Winter wurde, wurde der Bau jedoch unterbrochen, weil David Schwarz nach Zagreb zu seiner Ehefrau reiste. Auch davor war der Bauleiter immer mal wieder wochenweise nicht in St. Petersburg gewesen.
Das sorgte für Verzögerungen beim Bau. Vor allem deshalb, weil David Schwarz sich weigerte, den Behörden – oder auch nur den leitenden Arbeitern – die Baupläne zu zeigen, die er zudem unaufhörlich überarbeitete. Das sorgte dafür, dass der Bau immer länger dauerte und die Kosten über die Zeit immer weiter stiegen.
Die russischen Behörden ließen sich bis zum Ende des Jahres 1894 hinhalten, bis sie das Projekt abbrachen. Zwei Jahre Bauzeit und fast siebenfache Kosten waren genug!
Ursprünglich waren 15.000 Silberrubel geplant, am Ende betrug die Summe mehr als 100.000 Silberrubel. Das umrechnen in heutige Währungen ist schwierig, aber allein der Silberwert würde 2025 für 15.000 Rubel 200.000 € und für 100.000 Rubel 1,4 Millionen € entsprechen.
David Schwarz bekam eine letzte Chance die Fahrtüchtigkeit des Luftschiffs zu zeigen – aber die Befüllung mit Wasserstoff misslang.
Dass der Füllversuch misslang lag, laut einer nachträglich angestellten Untersuchung der russischer Fachleute, daran, dass David Schwarz einfachste physikalische Grundlagen nicht beachtet hatte. Anstatt das Gas mit Hilfe von Säcken in das Luftschiff zu bringen, hatte er das Gas direkt von außen in den Metallballon einfließen lassen. So wurde eine Menge Luft im Inneren eingeschlossen und konnte nicht heraus. Und mit der schwereren Luft im Inneren war das Luftschiff zu schwer, um aufzusteigen.
War das bloß ein Missgeschick – oder fehlte dem ungelernten David Schwarz einfach die Kompetenz? Die Untersuchungskommission kam schließlich auch zu der Ansicht, dass das ganze Luftschiff eine vollständige Fehlkonstruktion gewesen sei und auch der Antrieb viel zu gering war.
David Schwarz bekam von all dem nichts mehr mit, denn er war zu diesem Zeitpunkt bereits in Deutschland und damit den Händen der zaristischen Behörden entkommen.
Das deutsche Projekt
Carl Berg, der Aluminiumfabrikant der die Bauteile für das russische Luftschiff geliefert hatte, hatte mit den deutschen Behörden ausgemacht, dass er ihnen nun ein Luftschiff bauen würde. Also genau mit den deutschen Behörden, die vorher nicht mitbekommen durften, dass er für Russland eines baute.
Bzw. für die David Schwarz eines baute und Carl Berg das Aluminium lieferte. Oder war Carl Bergs Rolle doch viel größer? David Schwarz war schließlich vorher nie als Ingenieur aufgetreten. Und David Schwarz hatte nicht nur das Aluminium, sondern alles an Material, inklusive des Daimler-Motors, über die Vermittlung von Carl Berg erhalten.
War David Schwarz nur ein Geschäftsagent, der im Namen Carl Bergs in Russland agierte? Oder war David Schwarz, der jüdisch-stämmige, ungarische Holzhändler ohne Kontakte, ein eigenständiger Erfinder?
David Schwarz spielte sich jedenfalls so auf, als ob er vollkommen allein für alles verantwortlich war. Und genauso das gleiche Bild vermittelte auch seine Ehefrau Melanie später nach seinem Tod weiter. Carl Berg hingegen spielte die Rolle von Schwarz im Nachhinein stets herunter. Egal wie es genau war, zwischen David Schwarz und Carl Berg herrschte eine gewisse Spannung. Auf der einen Seite stand der erfolgreiche Geschäftsmann, der schon seit einiger Zeit das deutsche Militär belieferte, und auf der anderen Seite der Erfinder, der nicht einmal deutsch sprach.
Genau dieses deutsche Militär war es auch, mit dem Carl Berg im Dezember 1894 einen Vertrag abschloss. Carl Berg sollte 300.000 Goldmark bekommen, wenn er ein Luftschiff baute, dass problemlos füllbar sei, über längere Zeit fliegen konnte und in der Luft lenkbar sei. 300.000 Goldmar war ziemlich viel Geld – Etwa in der gleichen Größenordnung, die Russland insgesamt ausgegeben hatte.
Wenn man nur den Materialwert nimmt, war das ungefähr vergleichbar mit dem, was Russland insgesamt ausgegeben hatte Inflationsbereinigt wären 300.000 Mark heute sogar noch viel mehr, und zwar (Stand Ende 2025) knapp 2,52 Millionen Euro.
Über diesen Vertrag hinaus stellte Carl Berg der Regierung die Exklusivrechte in Aussicht: Wenn sowohl David Schwarz, als auch er eine großzügige Prämie in Höhe von jeweils einer Million Goldmark erhalten würden, würden sie nur für das deutsche Reich produzieren. Die Regierung verzichtete vorerst darauf diese Option zu ziehen. Stattdessen sollte zunächst erstmal ein erstes Luftschiff gebaut werden. Und zwar in Berlin auf dem Militärgelände Tempelhofer Feld. Dort hatte die preußische Armee ihre Ballon-Abteilung stationiert.

Carl Berg beauftragte wieder David Schwarz mit dem Bau des Luftschiffs. Obwohl die Verträge im Dezember 1894 geschlossen wurden, ging Schwarz aber erst einmal über den Winter wieder nach Zagreb zu seiner Familie.
Als er im März 1895 endlich in Deutschland ankam, besuchte Schwarz zunächst Carl Berg in Lüdenscheid, bevor er nach Berlin ging. In Lüdenscheid deutete sich an, dass die Spannungen zwischen den beiden zu einem tatsächlichen Konflikt führen könnte. Schwarz warf Berg vor, dass das russische Projekt nur deswegen gescheitert sei, weil Berg die Vereinbarungen nicht geheim gehalten hatte. Außerdem behauptete Schwarz, dass sie jetzt schnell arbeiten müssten – im polnischen Warschau sei ein anderes Luftschiff gesichtet worden. Und außerdem drohte Schwarz, dass er nach Paris gehen würde, wenn Berg ihn nicht gut genug in Berlin unterstützen würde. Schwarz behauptete, dass er dort, also in Paris, auch gute Kontakte zur Regierung habe.
Von diesen drei Vorwürfen lässt sich aus heutiger Sicht kein einziger belegen. Es ist unklar, ob das russische Projekt zu diesem Zeitpunkt überhaupt schon öffentlich bekannt war; es gibt keine weiteren Hinweise auf ein polnisches Luftschiff im Jahr 1895; und woher der Holzhändler David Schwarz Kontakte zur französischen Regierung gehabt haben soll ist auch völlig ungewiss.
Aber Carl Berg fühlte sich unter Druck gesetzt. Er versuchte möglichst schnell mit den preußischen Behörden zu einer Abmachung zu kommen, um zusätzlich zu den 300.000 Mark zusätzliches Geld zu bekommen. David Schwarz begann unterdessen in Berlin mit dem Bau.
Interessant ist, dass das Projekt trotz der großen Kosten keine größere Rolle in der Öffentlichkeit spielte. Weder international, noch in Berlin selbst, sorgte das Projekt zunächst für größeres Aufsehen. Was vielleicht auch daran lag, dass es ziemlich lange auch nichts großes zu zeigen gab.
Das Jahr 1895 ging vorüber, über den Winter war David Schwarz wieder monatelang in Zagreb, und auch das Jahr 1896 zog sich hin. Die Armee wurde immer ungeduldiger, dass das Projekt so lange andauerte. Und Carl Berg ärgerte sich ebenfalls. Aus seiner Perspektive lief das Projekt genauso ab, wie zuvor das russische: David Schwarz baut vor sich hin, lässt niemanden in seine Baupläne gucken und kassiert dafür Monat für Monat neues Geld. Und dieses Mal war er es, Carl Berg, der das Geld für David Schwarz zahlte. Sie hatten zwischenzeitlich ausgemacht, dass Schwarz das Geld von Berg als Vorschuss bekommt, bis die Regierung für das Luftschiff am Ende bezahlte.
Aber die Stimmung zwischen den beiden verschlechterte sich noch weiter. Den absoluten Tiefpunkt erreichte die Beziehung zwischen David Schwarz und Carl Berg im September 1896. Die Preußische Regierung hatte eine Kommission ausgeschickt, um das Luftschiff zu begutachten. Die Besichtigung war von den Arbeitern, die für Carl Berg in Berlin waren, vorbereitet worden. Eigentlich sollte auch Carl Berg an dem Treffen teilnehmen, allerdings war er zu dem Termin verhindert. Deshalb schickte er eine Gruppe an führenden Angestellten und Ingenieuren.
Als die Kommission und die Gruppe von Carl Bergs Leuten an der Montagehalle ankamen versperrte ihnen David Schwarz den Weg. Zwar ließ er nach einigen Diskussionen die Kommission eintreten, aber die Regierungsbeamten waren sehr verwirrt. David Schwarz verweigerte nämlich einem der Ingenieure, die Carl Berg geschickt hatte, weiter den Zugang. Und er behauptete der Kommission gegenüber, dass er allein der Erfinder des Luftschiffs sei und Carl Berg nur das Aluminium liefern würde.
Als Carl Berg den Zwischenfall mitbekam, war er ihm höchst peinlich. Die einzige Beruhigung war, dass die Kommission eine sehr hohe Meinung vom Luftschiff hatte. Das Luftschiff war unterdessen fertig geworden. Im Oktober 1896 sollte die erste Testfahrt stattfinden.
Leider kam es wieder zu Verzögerungen. Dieses Mal aber zu solchen, an denen David Schwarz keinerlei Schuld hatte. Das Wasserstoffgas, das geliefert worden war, war verunreinigt mit Luft. So konnte es nicht genügend Auftrieb erzeugen. Das Luftschiff schwebte zwar einige Meter über dem Boden, aber es kam nicht höher. Trotzdem konnte der Motor getestet werden und auch die Lenkung schien zu funktionieren. Zumindest jetzt, während das Luftschiff in wenigen Metern Höhe, von Soldaten am Boden, festgehalten wurde.
Als es in Berlin Winter wurde, machte David Schwarz das gleiche wie jeden Winter und ging zurück nach Zagreb zu seiner Familie und feierte dort Weihnachten.
Am 15. Januar 1897 war die nächste Testfahrt geplant. Drei Tage vorher, am 12., verließ Schwarz Zagreb. Er verbrachte eine Nacht in Wien und schrieb am nächsten Tag, dass es ihm gut ginge und er sich bald auf den Weg nach Berlin machen würde. Dann aß er zu Mittag mit Freunden in einem Gasthaus. Während sie Suppe aßen, fühlte er sich plötzlich schwindelig. Einer der Freunde riet ihm an die frische Luft zu gehen, aber noch bevor David Schwarz das Gasthaus verlassen konnte brach er zusammen. Er war tot.
Nachdem David Schwarz auf dem Wiener Zentralfriedhof beigesetzt worden war, fuhr seine Ehefrau Melanie nach Berlin, um die Arbeit ihres Mannes zum Abschluss zu bringen. Schließlich schuldete sie Carl Berg ansonsten viel Geld, das nie hereinkommen würde, wenn die deutsche Regierung nicht das versprochene Luftschiff kriegen würde. Sie schaffte es Carl Berg davon zu überzeugen, einen Großteil der Schulden zu erlassen, wenn nur das Luftschiff ein einziges Mal wirklich fahren würde.
Dann wandte sie sich an die Ballon-Abteilung auf dem Tempelhofer Feld in Berlin. Und die Militärs wollten ihr auch tatsächlich helfen. Aber in den höheren Ebenen des Militärs gab es Widerstand. Den angehörigen der Ballon-Abteilung wurde verboten das Luftschiff zu steuern. Zum Glück gab es mit Ernst Jagels jemanden, der bereits mit dem Luftschiff vertraut war, der mittlerweile ein ehemaliger Unteroffizier war und deswegen nicht von dem Verbot betroffen war.
Aber der Widerstand hörte nicht auf und ihr wurden immer weiter Steine in den Weg geworfen. Als der Aufstieg des Luftschiffs gar nicht mehr zu vermeiden war, sorgte eine Anweisung zumindest dafür, dass der Start nicht öffentlich stattfand. Deswegen konnte Graf Zeppelin auch nur aus der Entfernung als Zaungast zuschauen, als es am 3. November 1897 endlich so weit war.
Und damit sind wir am Anfang dieser Folge angekommen. Das Luftschiff stieg also vom Tempelhofer Feld in Berlin auf, erreichte eine Höhe von knapp 400 Metern und fuhr dann über den Berliner Ortsteil Charlottenburg. In der Nähe des Wilmersdorfer Sees, nach knapp 12 km, legte der Pilot eine Bruchlandung ein. Das war die einzige Fahrt des Luftschiffs von David Schwarz.
Die Folgen/Hatte David Schwarz eine gute Idee?
Jetzt stellt sich natürlich die Frage, warum erinnern wir uns heute nicht mehr an David Schwarz – er hat doch immerhin das erste lenkbare Luftschiff gebaut und das sogar in Deutschland!
Die Antwort darauf ist: Es ist kompliziert.
Es lag bestimmt auch an der Person David Schwarz selbst. Und daran, dass er nicht wie Graf Zeppelin war. Der war immerhin reich, angesehen und gut verknüpft. David Schwarz war nichts davon.
Aber es lag auch seiner Grundidee. Denn was war die eigentlich?
Die Luftschiffe die Graf Zeppelin später mit der Hilfe von Carl Berg baute, hatten viele Gemeinsamkeiten mit denen von David Schwarz. Der größte Unterschied war, dass bei Schwarz die Hülle aus Aluminium war und bei Zeppelin aus Leinenfasern.
Tatsächlich konnte das aber eigentlich nicht die großartige Erfindung sein, von der David Schwarz sprach, als er zunächst versuchte, dem russischen Militärattaché den Kauf der Idee schmackhaft zu machen. Im Gespräch mit dem russischen Militärattaché hatte er ja davon gesprochen, Luftschiffe lenkbar zu machen, nicht sie aus anderem Material zu bauen.
Luftschiffe aus Metall waren außerdem keine grundsätzlich neue Idee. Es gab bereits früher Versuche. Der Franzose Edmond Marey Monge hatte bereits 1844 einen Metallballon gebaut. Dieser Ballon war allerdings aus Messing und damit viel zu schwer. Das Aluminium das David Schwarz benutzte war hingegen leicht genug, damit tatsächlich aufsteigen zu können. Und tatsächlich sollte es später ein Aluminiumluftschiff im aktiven Gebrauch geben. Das amerikanische Militärluftschiff ZMC-2 wurde 1929 gebaut und wurde bis 1941 gefahren. Also selbst wenn das die Schwarzsche Idee war, also ein Luftschiff aus Aluminium zu bauen, sie hat sich nicht langfristig durchgesetzt.
Was die Lenkbarkeit mit Propellern anging unterschied sich das Luftschiff von David Schwarz nicht groß von den Ideen, die bereits existierten, beispielsweise in Frankreich. Und die genaue Anbringung verschiedener Propeller an verschiedenen Stellen unter einem starren Ballon – die war bei Graf Zeppelins Luftschiff LZ 1 fast identisch. Dessen erster Start war zwar später, aber die Vorarbeiten war schon weit fortgeschritten.
Bis heute ist auch in der Forschung nicht ganz klar, was die geniale Idee von David Schwarz gewesen sein soll. Und wie er überhaupt in die Lage geriet, als genialer Erfinder aktiv zu sein, wenn ihm offensichtlich die klassische Ausbildung fehlte. Vor allem, weil ja auch nichts aus seiner vorherigen Biographie dafür sprach, dass er ein Luftfahrtpionier werden würde!
Im deutschsprachigen Raum ist David Schwarz heute mehr oder weniger vergessen. Selbst in der Forschung taucht er eher als Fußnote in Aufsätzen über Graf Zeppelin auf, als dass Aufsätze über ihn geschrieben wird. Und wenn doch, dann wird er eher als Hochstapler angesehen.
In Ungarn und Kroatien, also seiner ethnischen bzw. wohnräumlichen Herkunft ist er auch relativ unbekannt, wenn auch vielleicht etwas bekannter als in Deutschland. Das allgemeine Urteil hier scheint positiver zu sein – aber ich muss zugeben, dass ich die Sprachen selbst nicht spreche, deshalb ist meine Recherche dafür sehr oberflächlich geblieben.
Und was halte ich von David Schwarz?
Nun, ich denke, dass er auf keinen Fall der geniale Einzelerfinder war, als der er sich selbst ausgab. So etwas funktionierte am Ende des 19. Jahrhunderts einfach nicht mehr und die Projekte, die er umsetzte waren viel zu groß dafür. Aber auch ein Graf Zeppelin, der sich ebenfalls zu einem solchen Genie stilisierte – und heute zum Teil noch so gesehen wird – war keines. Im Gegensatz zu David Schwarz hatte Graf Zeppelin aber die Grundlagen. David Schwarz war als gesellschaftlicher Außenseiter überraschend ambitioniert – und überraschend erfolgreich. Sein Luftschiff fuhr und war grundsätzlich lenkbar!
Benutzte Literatur
Berg, Carl, David Schwarz – Carl Berg – Graf Zeppelin. Ein Beitrag zur Geschichte der Zeppelin-Luftschiffahrt in Deutschland, München 1926.
Bresonik, Gabriele, David Schwarz – Carl Berg – Graf Zeppelin. Ein Beitrag zur Frühgeschichte des Starrluftschiffes, in: Meighörner, Wolfgang, Zeppelin und Frankreich. Szenen einer Hassliebe (Hrsg. W. Meighörner), Friedrichshafen 1998, S. 42–57.
Collins, Paul, The rise and fall of the metal airship. In: NewScientist.com, Januar 2009.
Eichler, Jürgen, Luftschiffe und Luftschiffahrt, Berlin 1993.
Mentschl, Ch., Art. „Schwarz, David“, in: Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950 (ÖBL), Vol. 11, Wien 1999, 429f.
Seifert, Karl-Dieter, Art. Schwarz, David, in: Neue Deutsche Biographie (NDB), Band 23, Berlin 2007, 805f.
Sucur, Ante, The Airship of David Schwarz. The Construction and Testing of the Airship, in: http://croatian-treasure.com/schwarz.html (zuletzt abgerufen 03.05.2025).
Trox, Eckhard, Der Traum vom Fliegen. Carl Berg und die Luftschiffidee von Lüdenscheid bis Lakehurst, Lüdenscheid 2000.